Treffen von 178 Ravensbrückerinnen aus 16 Ländern in Steinhaus/Semmering Österreich, organisiertvon Rosa Jochmann; Alle Teilnehmerinnen zusammen genommen hatten aufgrund ihres politischen Widerstandes gegen das deutsche faschistische Regime, gegen die Okkupation ihrer Länder insgesamt 555 Haftjahre in Gefängnissen, Zuchthäusern und im KZ Ravensbrück verbringen müssen.
Die eigentliche Tagung des IRK am 19. November 1974 war eingebettet in ein erstes großes gesellschaftliches Treffen von „Ravensbrückerinnen“. Die Tage waren ausgefüllt mit Liederabenden, Besuchen (z. B. beim Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes, DÖW), Empfängen (z. B. der Mitglieder der KZ-Verbände), Fernsehaufnahmen, Ausflügen, Wanderungen und geselligem Beisammensein.
Die ausländischen und inländischen Gäste der ÖLGR wurden während ihres Aufenthaltes von zahlreichen PolitikerInnen empfangen. Ihr Engagement im antifaschistischen Kampf während des nationalsozialistischen Terrors und ihre fortwährende politische Betätigung nach der Befreiung wurden gewürdigt. Bundesministerin für Wissenschaft und Kunst, Dr. Hartha Firnberg, und Bundesminister für Unterricht, Dr. Alfred Sinnowatz, empfingen eine Delegation von „Ravensbrückerinnen“. Alle Teilnehmerinnen wurden vom Bürgermeister der Stadt Wien, Leopold Graz, begrüßt.
Den Höhepunkt stellte jedoch der abendliche Empfang aller Teilnehmerinnen beim damaligen Bundeskanzler Dr. Bruno Kreisky und dem Bundespräsidenten Dr. Rudolf Kirchschläger dar. Bundeskanzler Kreisky verlieh in seiner Rede seiner Freude darüber Ausdruck, dass die Frauen ihrer „Zusammenkunft nicht nur den Sinn bewährter Kameradschaft verleihen, sondern auch den der Mahnung, dass es nie wieder so kommen darf.“ Der Bundespräsident hob in seiner Ansprache nochmals die Bedeutung der „Ravensbrückerinnen“ für ein befreites Österreich und für die Erlangung des Staatsvertrages hervor und appellierte an alle Anwesenden, sich weiterhin um die politische Erziehung der Jugend zu bemühen. …„helfen Sie den jungen Menschen, die jene schrecklichen Zeiten nicht mehr aus eigenem Erleben kennen, zu verstehen, dass alles getan werden muss, um zu verhindern, dass jemals wieder ein Rückfall in Zeiten, wie Sie sie erleiden mussten, geschehen kann.“
Das IRK begrüßte im Kommuniqué zur Tagung den Beschluss der UNO, das Jahr 1975 zum Internationalen Jahr der Frau zu erklären. Es zeigte sich aber auch besorgt über die Verjährung der Kriegsverbrechen, die mangelhafte Verfolgung der NS-TäterInnen und das Widererstarken neofaschistischer Elemente in Westeuropa, welche etwa mit den Bombenanschlägen in Italien ein kräftiges Lebenszeichen von sich gaben. Gefordert wurde von den Regierungen ein vehementes Vorgehen gegen diese die Sicherheit und den Frieden gefährdenden Kräfte.
In der *Entschließung des IRK *wurde die sofortige Freilassung der chilenischen und spanischen politischen Häftlinge gefordert; „die Wiederherstellung der Menschen-und Freiheitsrechte“ durch die Militärjunta in Chile und die Spanische Regierung wurden angemahnt: …. An diesem Treffen nahmen 178 Frauen teil, die 550 Jahre Haft in Gefängnissen der Gestapo und im KZ Ravensbrück zugebracht haben. Wir kennen daher die Leiden der Frauen und Mütter aus eigener Erfahrung. Darum erheben wir unsere Stimme für unsere Schwestern in den Kerkern von Spanien und Chile, die für Gerechtigkeit und Demokratie eingetreten sind und dafür ihr Leben unter unmenschlichen Bedingungen zubringen müssen.“
Die Zusammenkunft war äußerst gelungen. Viele Teilnehmerinnen äußerten ihre Dankbarkeit, so auch die Belgerinnen: „…Wie soll man die Freude wiedergeben, die wir empfunden haben, als wir die Kameradinnen aus allen Ländern nach einer Trennung von 30 Jahren wiedersahen. Oft sind uns die Tränen gekommen, als wir ihre Lieder hörten, und besonders bei den mit so viel Zärtlichkeiten, Menschlichkeit und Freundschaft improvisierten Reden Eurer wunderbaren Rosa Jochmann. … Ein solches Treffen gibt uns neue moralische Kräfte, um den Kampf gegen den Faschismus, der leider nicht tot ist, fortzusetzen, damit die künftigen Generationen niemals wieder die Schrecken der Konzentrationslager kennen lernen. … Dupout Jeannot & Cornand Jeanne.
Quelle: Helga Amesberger, Kerstin Lercher; Lebendiges Gedächtnis. Die Geschichte der österreichischen Lagergemeinschaft Ravensbrück. S. 73-77, mandelbaum verlag 2008, ISBN 978-3-85476-254-6