06.10.1919 – 15.01.1996 Verfolgungsgrund: politischer Widerstand Auschwitz: bis Januar 1945 Ravensbrück: Januar 1945 – 28. April 1945
Kindheit und Jugend Barbara Wentz, von allen Betty genannt, kam in Gramatneusiedl/ Marienthal (Niederösterreich) zur Welt. Mit 12 Jahre zog sie mit ihrer Familie nach Wien. Nach ihrem Schulabschluss lernte Betty den Beruf einer Schneiderin. Durch den Arbeiterturnverein bekam sie Kontakt zu Mitgliedern des Kommunistischen Jugendverbands und schloss sich diesem nach 1934 an. Verhaftung, Haftzeit Die Widerstandszelle, in der Betty organisiert war, traf sich wöchentlich einerseits zu Diskussionen, parallel dazu planten sie v.a. Schmieraktionen und das Kleben von illegalen Plakaten. An einem Freitag wurde Betty gewarnt, dass ein Mann aus ihrer Gruppe durch einen Spitzel aufgeflogen und verhaftet worden war. Obwohl sie mit ihrer Schwester gemeinsam noch Unterlagen vernichtete, stand schon am darauffolgenden Montag, am 11. März 1940, die Gestapo vor der Tür. „Als sie mich verhaftet haben und mit mir in der Limousine weggefahren sind, habe ich mir gedacht: ‚Von mir kriegt ihr nichts raus, da könnt ihr euch auf den Kopf stellen.’ Sie hat zweieinhalb Jahre Haft bekommen. Betty wurde nach Aichach überstellt. Wo sie teilweise auch in Einzelhaft gewesen ist. Betty wurde als Nicht- Jüdin nach Auschwitz deportiert. Sie war der Ersatz für eine Roma/Sinti Frau. Genau diese Tatsache erschwerte ihr die erste Zeit in Auschwitz ungemein: „Und vor allem, was mich so sehr bedrückt hat, dass ich dort vollkommen alleine war. Ich habe überhaupt keinen Anhaltspunkt gehabt. Sonst hast du ja, wenn du in ein Gefängnis kommst, hast du (jemanden) gefunden, als du warst immer in einer Gruppe, wo du auch Verbündete gehabt hast. Und dort bin ich so ganz alleine gestanden. Ich habe dann sehr rasch Flecktyphus gekriegt und bin ins Revier gekommen. Da war ich eigentlich kurz schon mehr drüben als auf der Erde. Betty hatte Glück und lernte im Krankenrevier eine französische Genossin kennen, die sie mit Medizin versorgte und die für sie eine Verbindung zu österreichischen Genossinnen herstellte. Betty Wentz kam sehr früh mit dem Vermerk „Rückkehr unerwünscht“ nach Auschwitz (...), im KZ hat sie ihre Möglichkeiten als ‚Nicht-Jüdin’ immer genützt, um den anderen zu helfen, rettete beispielsweise Dr. M. (Manzi) Schwalbowa das Leben: Betty war in der Schreibstube bei der Oberaufseherin Mandel eingesetzt und ließ einen Befehl verschwinden, der Manzis Tod bedeutet hätte. Sie hatte auch als ‚Arierin’ die Möglichkeit, Pakete von ihrer Familie zu empfangen, diese teilte sie immer mit ihren Kameradinnen. Betty war sowohl in Auschwitz als auch später in Ravensbrück in die illegale Lagerorganisation eingebunden. Im Jänner 1945, als Auschwitz „evakuiert“ wurde, gingen Betty Wentz und Lotte Brainin gemeinsam auf Transport nach Ravensbrück; zunächst zu Fuß, dann auf offenen Kohlewaggons, in eisiger Kälte. Betty war es gelungen, im allerletzten Moment vor dem Abmarsch aus Auschwitz aus der Küche einen kleinen Karton Würfelzucker zu organisieren. Dieser Zucker rettete einigen das Leben. Betty kam ins Mädchenkonzentrationslager Uckermark wo kranke, alte oder gebrechliche Frauen ausgesondert wurden. Sie wurde zur Lagerältesten der Uckermark bestimmt, musste schreckliche Selektionen mit ansehen, wie sich aus ihrer Aussage gegen die verantwortlichen SS-Aufseherinnen ermessen lässt. Knapp vor Ende des Krieges kehrten Betty und Lotte wieder zurück ins Hauptlager, das kurz vor der Auflösung stand.
Rückkehr nach Wien Als schließlich auch die Häftlinge aus Ravensbrück „auf Marsch“ geschickt wurden, gelang es Betty gemeinsam mit ihren Freundinnen Johanna Vogl und Hansi Eibensteiner zu fliehen; auf abenteuerlichen Wegen kamen sie nach Wien zurück. Von dort aus kehrte sie am 13. Juli 1945 an der Seite von Rosa Jochmann und Rudolfine Muhr noch einmal nach Ravensbrück zurück, um die dort noch befindlichen österreichischen Kameradinnen mit Bussen zurück in die Heimat zu holen. Am 20. Juli 1945 kamen alle wohlbehalten in Wien an. Betty heiratete bald darauf Albert Hirsch, der, aus einer jüdischen Familie stammend, während des Krieges nach Frankreich emigriert und in den Pyrenäen im Widerstand tätig gewesen war. Betty bekam mit Albert zwei Töchter, Elisabeth und Vera. Zehn Jahre lang lebte auch ihre alte Freundin Johanna Vogl, die nach Zerwürfnissen mit ihrem Bruder von daheim ausgezogen war, bei der Familie. Solange es ihre Gesundheit zuließ, blieb Betty eine politisch engagierte Frau, was sie einmal folgendermaßen begründete: „1945, wie der Krieg schon zu Ende war und auch schon entschieden war, sind die ersten zwei Atombomben gefallen, in Nagasaki und Hiroshima. Und damit war ein Fakt gesetzt, dass wir weiterkämpfen müssen. Betty wurde im Alter schwer krank und verbrachte daher ihre letzten Lebensjahre im jüdischen Altersheim Maimonides. Dort verstarb sie am 15. Jänner 1996 im Alter von 77 Jahren.