Gertrud Müller geb. Wieland

geb. am 29.11.1915 in Feuerbach/Stuttgart– gest. 2007 Stuttgart-Feuerbach Sekretärin, Redakteurin

Ravensbrück: 1943 - Oktober 1944 Oktober 1944 –Mai 1945 Außenlager Geislingen des KZ Natzweiler-Struthof

Sprecherin der Lagergemeinschaft Ravensbrück der BRD

Gertrud Müller
Gertrud Müller

Gertrud Müller wurde als zweites von drei Kindern einer Arbeiterfamilie geboren. Sehr früh schon war sie politisch organisiert: im Jungspartakusbund, im Kommunistischen Jugendverband (KJVD).

Wegen ihrer Mitgliedschaft im KJVD wurde sie 1933 das erste Mal verhaftet. Unbeirrt setzte Gertrud Müller ihren Widerstand gegen das faschistische Regime fort.

1942 wurde sie erneut verhaftet und nach zweiwöchiger Gestapohaft in Stuttgart in das sog. „Arbeitserziehungslager“ Rudersberg gebracht. Anschließend musste sie 13 Monate in Einzelhaft verbringen.

Im Oktober 1943 wurde sie mit der Begründung Hochverrat, Wehrkraftzersetzung, Werkspionage und Verstoß gegen die Rundfunkverordnung nach Ravensbrück eingeliefert. Ihre Begleitpapiere enthielten den Vermerk „Rückkehr unerwünscht“.

Nach der Befreiung kehrte sie an ihren Geburtsort (Stuttgart-Feuerbach) zurück. In der KPD und als Kreisvorsitzende der VVN setzte sie ihre politische Tätigkeit fort. Als Sekretärin der Investigation Section der US-Militärregierung war sie ab dem Sommer 1945 an der Strafverfolgung der Verantwortlichen und Beteiligten an nationalsozialistischen Verbrechen beteiligt.

Die wiedergewonnene Freiheit konnte sie allerdings nicht lange genießen. 1947 wurden Vorwürfe gegen sie als Blockälteste im Außenlager Geislingen, wo sie im Winter 1944/45 eingesperrt war, erhoben. Ein Entnazifizierungsverfahren wurde gegen sie, die Zeit ihres Lebens gegen die Nazis gekämpft hatte und unter schwersten Haftbedingungen in Gefängnissen und Konzentrationslagern gelitten hatte, eingeleitet. Sie wurde verhaftet, angeklagt und zu vier Jahren Arbeitslager Ludwigsburg verurteilt. Im Januar 1950 wurde das Urteil aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

1966 wurde sie wegen ihrer Mitgliedschaft in der seit 1956 verbotenen KPD erneut verhaftet. Ihr wurde der Pass entzogen und sie hatte sich wöchentlich bei der Polizei zu melden. Wie für viele andere Kommunistinnen auch, musste sie jahrzehntelang um eine wenigstens finanzielle Wiedergutmachung der erlittenen gesundheitlichen Schäden und beruflichen Benachteiligungen wegen der Haft in der Zeit des Nationalsozialismus kämpfen.

In der Lagergemeinschaft Ravensbrück der Bundesrepublik Deutschland arbeitete sie seit deren Gründung mit. Sie wurde Redakteurin des seit 1975 herausgegebenen Mitteilungsblattes. Nach dem Tod von Doris Maase übernahm sie im Jahr 1979 die Aufgaben der Sprecherin der Lagergemeinschaft der BRD. Auch als Vizepräsidentin des IRK wurde sie deren Nachfolgerin.

Gemeinsam mit Elisabeth (Lisl) Jäger, der damaligen Vorsitzenden der Lagergemeinschaft Ravensbrück der DDR organisierte sie den Zusammenschluss beider Lagergemeinschaften. Ab 1991 war sie die Vorsitzende der vereinigten Lagergemeinschaft (DDR + BRD).

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Gertud Müller und Lisl Jäger, 1998

„Das Wichtigste war für mich, die Opfer nicht zu vergessen und deren Vermächtnis zu erfüllen: Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus“, sagte Gertrud Müller in einem Interview mit Elke Hauf und Veronika Springmann (in Ravensbrückblätter Nr. 101, Dezember 1999, S.15)

(Quelle: Henning Fischer „Überlebende und Akteurinnen. Die Frauen der Lagergemeinschaften Ravensbrück: Biographische Erfahrung und politisches Handeln, 1945 bis 1989; UVK Verlagsgesellschaft mbH, Konstanz, ISBN 978-3-86764-772-4; Siehe auch: Gertrud Müller,“Die erste Hälfte meines Lebens. Erinnerungen 1915 – 1950“, nach Gesprächen aufgezeichnet von Michael Nolte und Ursula Krause-Schmitt, Hrsg.: von der Lagergemeinschaft Ravensbrück / Freundeskreis e. V., 2004, ISBN 3-00-014930-9